ANDORRA
Eine Produktion von Theater Delphin Ensemble
im Theater Delphin, 2, Blumauergasse 24
Premiere: 17.11.2022, 19:00-21:00
Aufführungen: 18.11 – 19.11.2022, 19:00-21:00 sowie 24.11. – 26.11.2022, 19:00-21:00
Kartenmail: karten@theater-delphin.at Kartentelefon: 0676 4488778
Preise: 20 €, ermäßigt 14 €
Kurzbeschreibung
Andri wird durch Diskriminierung in eine Außenseiterrolle gedrängt, die er am Ende als sein Schicksal betrachtet. Durch die Lüge und Angst des Lehrers werden diese als Grundvoraussetzung der Vorurteile thematisiert. Auch die Schuldfrage wird gestellt. Handelt es sich um individuelle oder kollektive Schuld? Hätte man anders entschieden, wenn man die Wahrheit gewusst hätte? Die Schuld des Passiven liegt hier auf der Hand.
Idee
Unser Jahresthema beschäftigt sich mit der Frage Normalität kontra Abnormalität – wie anders darf ich sein? Max Frisch Werk „ ANDORRA“ beschäftigt sich mit einigen dieser Themen. Jemand der grundsätzlich gar kein Außenseiter ist, wird durch die Lüge des Vaters in eine solche gedrängt. Wird jemanden durch seine Behinderung oder das Anders-sein jegliches Vertrauen und Mut genommen sein Potential auszuschöpfen, wird er sich seinem Schicksal fügen und den Vorurteilen der Gesellschaft ergeben.
Vielfalt macht den Menschen aus. Schon in früher Jugend werden Kinder zu Individualität erzogen. Im besten Fall kann jeder das ausprobieren, was ihm gefällt, der eigene Style wird gutgeheißen. Kinder werden ermutigt zu ihren Vorlieben zu stehen. Aber was ist, wenn jemand zu speziell ist, zu viele Unterschiede zeigt und sein Verhalten von den anderen abweicht. Die Gruppe, die sich in einem klar abgesteckten „Normalitätsbereich“ befindet, empfindet diese Person als fremd und fühlt sich unbewusst bedroht. Sie reagiert mit Angst und meidet sie oder grenzt sie aus. Aber wer schreibt vor oder bestimmt, wann und wo man sich im Normalitätsbereich bewegt oder nicht? Wer kann von sich sagen, dass er normal ist. Wann bin ich normal und wann abnormal? Wie weit beeinflussen selbst auferlegte gesellschaftliche Zwänge unser Denken und Handeln? Warum können wir nicht den Blick auf den Menschen werfen und ihn in seiner Gesamtheit betrachten?
Warum dieses Stück?
Max Frisch gilt neben Friedrich Dürrenmatt (1921-1990) und Bertolt Brecht (1898-1956) als einflussreichster Dramatiker der Nachkriegszeit. Das Stück ist in 12 Bilder aufgeteilt. Das Stück wird immer wieder durch kurze Vordergrundszenen unterbrochen. Frisch wurde von Brecht’s „Epischem Theater inspiriert. Durch diesen Modellcharakter soll vom Einzelfall auf gesellschaftliche Mechanismen geschlossen werden. Dadurch verwendete Brecht den sog. V-Effekt (kurz für Verfremdungseffekt). Das langjährige starre Konzept des klassischen Dramas wird aufgehoben. Durch die Didaktisierung der Stücke wird gezeigt, wie Umweltfaktoren auf die Protagonisten einwirken.
Die Identifikation des Publikums mit der Handlung auf der Bühne wird vermieden und die Zuschauer gezwungen, einen Standpunkt außerhalb der dargestellten Handlung zu beziehen. Zur Beschreibung von Andorra verwendet Frisch den Begriff „Modell“, da er keine bestimmte Weltanschauung vermitteln will. Hier liegt der Unterschied zu Brecht, dem es um eine idiologische Position geht. Brecht und Frisch wollen beide, dass es auf Seiten des Zuschauers zu einem Reflektionsprozess kommen sollte, der die Menschen dazu anregt, ihre Handlungsweisen zu verändern.
Andorra zeigt auf, wie der Hauptprotagonist durch die Diskriminierung in eine Rolle gedrängt wird, gegen die er sich anfangs gewehrt hat. Doch dann nimmt er sie selber ein und verteidigt diese. Er ist der „Jud“. Gleichzeitig werden politische, gesellschaftliche und persönliche Spannungen zwischen den Einwohnern von Andorra sichtbar. Das Bibelzitat: „Du sollst dir kein Bildnis machen“, wendet Frisch auf den Menschen an. Durch die Lüge und Angst des Lehrers wird diese als Grundvoraussetzung der Vorurteile thematisiert. Auch die Schuldfrage wird gestellt. Handelt es sich um individuelle oder kollektive Schuld? Hätte man anders entschieden, wenn man die Wahrheit gewusst hätte? Liegt die Schuld des Passiven auf der Hand?